Nablus – eine Stadt mit turbulenter Geschichte


Histtorische Aufnahme von Nablus
Histtorische Aufnahme von Nablus
Nablus heute
Nablus heute

Mit Nablus verbindet sich 6000 Jahre turbulente Geschichte. Die Besiedlung des Tals zwischen den Bergen Gerizim und Ebal mit Nablus als heutigem Zentrum begann im frühen 4. Jahrtausend v. Chr. Hier lag der Ort Shechem (bzw. Sichem). Nach dem Alten Testament spielte er unter anderem in der Geschichte von Jakob eine wichtige Rolle – noch heute zählt der Jakobsbrunnen zu den Sehenswürdigkeiten.

Ein Teil von Ägypten

Politisch gehörte Shechem damals zu Ägypten. Nach der Befreiung von den Ägyptern machte Jeroboam I., von 926 bis 907 v. Chr. der erste König des Nordreichs Israel, Shechem zu seiner Hauptstadt. Assyrer, Babyloniern, Persern und Griechen wechselten sich in der Herrschaft ab. Alexander der Große unterstützte das Anliegen der Samaritaner, Shechem zu ihrem Zentrum auszubauen.

Die Samaritaner verstanden und verstehen sich als Nachfahren der (nord)israelitischen Stämme Ephraim und Manasse. Sie glauben im Unterschied zum rabbinischen Judentum noch heute, dass nicht in Jerusalem mit seinem Tempel, sondern am Berg Gerizim die Gottesverehrung zu konzentrieren sei.

Die Römer kommen

63 v. Chr. nahmen die Römer unter ihrem Feldherrn Pompejus Palästina ein und machten es zur römischen Provinz Judäa. Die förmliche Gründung des heutigen Nablus in der Nachbarschaft des alten Shechem geht auf den römischen Kaiser Vespasian im Jahre 72 zurück. Zu Ehren seines Vaters Flavius Vespanianus gab er der Stadt den Namen Flavia Neapolis.

Im 2., spätestens 3. Jahrhundert war die Mehrzahl der Einwohner Christen. Nablus wurde ein Bischofssitz. Im 7. Jahrhundert geriet Nablus in den neuen muslimischen Herrschaftsbereich. Neapolis wurde zu Nablus – der arabischen Variante des bisherigen Namens.

Nablus entwickelte sich erneut zu einem blühenden Handelszentrum im Orient – eine Rolle, die die Stadt bis zum 20. Jahrhundert behauptete. Manche Historiker sprechen von Nablus als der „ungekrönten Königin Palästinas“. Unter den aufeinander folgenden Dynastien der Umayyaden, Abbasiden und Fatimiden lebten Muslime, Christen, Juden, Samaritaner und Perser in Nablus friedlich miteinander.

Von den Kreuzfahrern bis zu den Osmanen

Es kamen die europäischen Kreuzfahrer. Nablus lag nun auf dem Territorium des christlichen Königreichs von Jerusalem. Am 16. Januar 1120 wurde Nablus zum Schauplatz eines Konzils weltlicher und kirchlicher Würdenträger. Im Verlauf der Intrigen um die Erbfolge des Königs Baldwin II. von Jerusalem verlegte die Königin Melisende, Baldwin II. Tochter, 1150 ihre Residenz vorübergehend nach Nablus. Die Herrschaft der christlichen Kreuzfahrer endete 1187 mit der Eroberung von Nablus durch den muslimischen Sultan Saladin. 1517 gelangte Palästina als Teil der Provinz von Damaskus unter die Herrschaft des Osmanischen Reiches. Nablus war einer von sechs Distrikten (sanjak) Palästinas.

Die wirtschaftliche Bedeutung von Nablus blieb ungebrochen. Von Mitte des 16. bis Mitte des 19. Jahrhunderts vervierfachte sich die Einwohnerzahl auf 20.000. 1908 begannen Planungen für einen Anschluss von Nablus an die Hedschas-Bahn. Beim Eintritt des Osmanischen Reiches in den Ersten Weltkrieg waren die Schienen schon bis kurz vor die Stadt verlegt. Der Sieg der Engländer am 19. September1918 in der Schlacht bei Nablus war ein wichtiger Baustein bei der Niederlage der Osmanen. In Nablus selbst zog eine australische Kavallerieeinheit ein.

Streit um Einfluss

Nach Ende des Krieges begannen die Alliierten mit ihrem Streit um Einflussgebiete. Im Vertrag von Sèvres mit dem Osmanischen Reich vom 10. August 1920 wurde das britische Mandatsgebiet von „Palästina und Trans-Jordanien“ geschaffen. Von den zunehmenden Spannungen zwischen Arabern und Juden in den 1930er Jahren blieb Nablus nicht verschont.

Nach dem Zweiten Weltkrieg häuften sich die Terroranschläge jüdischer Untergrundorganisationen auf britische Einrichtungen in Palästina. Am 14. Mai 1948 zogen sich die letzten britischen Truppen aus Palästina zurück und David Ben Gurion verlas die Unabhängigkeitserklärung Israels. In Nablus wurden die Flüchtlingslager Askar und Balata geschaffen, in denen nach Angaben der UN noch heute fast 40.000 Menschen leben.